"Ehrlich-Magie": Gef?hrliches Spiel

Es war 1 Uhr durch, als mein Bruder und ich endlich in unseren Bus treten konnten. Die heutige Show war vorbei. Die Fans hatten alle ihre Fotos bekommen und wir beendeten die Veranstaltung auch erst, als wir alles unterschrieben hatten.

Erschöpft vom heutigen –oder wohl eher vom gestrigen– Tag, aber auch glücklich, dass wieder alles gut abgelaufen war, zog ich die schwarze Lederjacke aus und ließ ich mich auf mein Bett fallen. Chris tat es mir gleich und wirbelte dabei etwas Staub auf. Ein Zeichen dafür, dass wir uns nie lange in unserem Bus aufhielten oder es überhaupt konnten. Das Show- und Tourleben verlangte viel von einem ab und wir waren froh, wenn wir in einer Spielpause mal wieder zurück nach Bünde fahren konnten, um bei unserer Familie zu sein.

„ Ich glaube, ich habe noch nie so viele Autogramme gegeben wie hier in Leipzig", wandte ich mich an meinen Bruder und lächelte matt, denn die Müdigkeit war mir inzwischen auch anzusehen. Chris antwortete nicht. Er hatte die Augen zwar schon geschlossen, aber nickte mir trotzdem zu und gab mir damit das Zeichen, dass er noch wach war. Jedoch wusste ich, dass wir beide nicht mehr lange aufbleiben würden. Der Tag war sehr anstrengend gewesen.

Sicher wird uns das Morgen-Jogging wieder wachrütteln, dachte ich und bemerkte kaum, wie meine Augen immer schwerer wurden und ich langsam weg zu dösen begann. Plötzlich aber spürte ich ein durchgehendes Vibrieren in meiner Hosentasche

Zuerst wusste ich nicht, was los war, bis ich mir in Erinnerung rief, dass ich vorhin nach der Show mein Handy wieder in die Hose gesteckt hatte. Ein folgenschwerer Fehler, denn anscheinend war nun jemand auf die grandiose Idee gekommen, mich um diese Uhrzeit noch anzurufen.

Der, der uns jetzt noch stört, wird noch was von mir zu hören bekommen, beschloss ich, bevor ich das Smartphone mit einem Murren herausholte. Allerdings stutzte ich, als ich die nur allzu gut bekannte Nummer las.

Zuhause?

Schlagartig war ich wieder wach. War etwas passiert? Hatten die Kinder etwas angestellt oder war ihnen selbst etwas zugestoßen? Wieso riefen sie noch so spät an?

Wie von der Tarantel gestochen, nahm ich den Anruf an, indem ich hastig den grünen Hörer auf dem Display betätigte.

„ Hallo? Schatz? Alles in Ordnung bei euch?"

Ich versuchte ruhig zu bleiben und doch war die Panik in meiner Stimme durchaus herauszuhören, während ich mit zittrigen Händen auf eine Antwort wartete. Doch anstatt die wunderschöne Stimme meiner Frau oder die meiner drei Kinder zu hören, erklang am anderen Ende eine stark verzerrte Stimme, wie ich sie nur von einer versehentlichen Mikrofonrückkopplung kannte. Aus irgendeinem Grund konnte ich die fremde Person trotzdem klar und deutlich verstehen, als sie anfing zu sprechen.

„ Andreas Ehrlich..."

Ich zögerte einen Moment, doch dann antwortete ich. Versuchte, eine feste Stimme erklingen zu lassen.

„ Ja, der bin ich...Aber, wer sind Sie und was haben Sie bitte am Telefon meiner Frau zu suchen?"