„Mir geht's gut" sagte Jin hastig, als er den Blick unseres Kleinsten bemerkte. „Ich denke nur... ich sollte Namjoon vorerst meiden. Jetzt gerade würde ich sowieso nur einen meiner Anfälle vor ihm bekommen und mich lächerlich machen..."
„Aber jetzt ist doch deine Chance!" protestierte ich sofort „Ich verstehe ja, dass du von deiner Gabe gebeutelt bist, aber du gibst zu schnell auf. Namjoon ist isoliert und hat keine Freunde... Und du glaubst an ihn! ...Hallo?! Das ist eine eins A lovestory, das ist dir bewusst, oder?"
Jin sah mich bedrückt an, schien aber ernsthaft über meine Worte nachzudenken.
...Woraufhin er wieder begann, seinen Gleichgewichtssinn zu verlieren.
Jimin packte erneut ruckartig seinen Arm und warf mir einen wütenden Blick zu: „Schluss jetzt Tae. Wir können überhaupt nicht verstehen, wie schwer das alles für Jin ist."
Ich seufzte... Nein, ich konnte es wirklich nicht nachvollziehen.
Jin und Jimin hatten beide so verrückte Superkräfte, wie sollte ich das mit meiner hübsch geradlinigen Gabe jemals nachvollziehen können? Verlegen biss ich mir auf die Lippe.
Obwohl ich wegen meinen Fähigkeiten eine der berühmtesten Personen des Jahrgangs war, erschienen sie mir manchmal ziemlich unbedeutend, wenn ich viel Zeit mit meinen besten Freunden verbrachte...
„Ist schon ok Tae" sagte Jin plötzlich und drückte kurz meine Hand. „Ich weiß, dass du es nur gut meinst... Und jetzt lasst uns mal etwas Produktives machen ihr Lieben. Was wollt ihr heute Trainieren?"
Für den Moment entschied ich mich, unseren Ältesten in Ruhe zu lassen. Aber wir waren in diesem Camp immerhin noch 5 Wochen zusammen eingepfercht... Jins Gabe konnte nicht ewig Sperenzchen machen und ich würde meine Gelegenheit schon noch bekommen, ihn und Namjoon näher zusammenzubringen.
-
Der Tag kroch quälend langsam vorüber und selbst als mein Küchendienst am Abend endete, spürte ich keine Erleichterung. Nach ein paar Stunden Schlaf, würde sowieso alles wieder von vorne beginnen.
Matt ging ich zur Garderobe, um meinen Mantel anzuziehen, doch meine Finger griffen ins Leere... rückblickend fiel mir auf, dass ich ihn schon bei meinem Einzelunterricht nicht dabeigehabt hatte.
Sofort sprintete ich los zur Cafeteria, dort musste er sein... Es handelte sich um einen wunderschönen, teuren Ledermantel und sowohl mein Portemonnaie als auch meine Schlüssel befanden sich in seinen Taschen. Ich ging zwar nicht davon aus, dass hier jemand klauen würde, aber ein gutes Gefühl hatte ich trotzdem nicht.
Schon während ich auf den Tisch zu hechtete sah ich: keinen Mantel. Verdammte Scheiße.
Bei näherem Hinsehen erkannte ich jedoch, dass ein Zettel auf dem Stuhl lag und hastig griff ich danach.
‚Hallo Tae, hier ist Jungkook. Ich habe deine Jacke, hol sie jederzeit ab. Hütte 27'
...Jetzt würde ich also auch noch bei Jungkook und Yoongi vorbeilaufen müssen, was meine Laune nicht unbedingt hob. Schnell warf ich einen Blick auf die Uhr, es war schon 21:30 Uhr. Ich sollte mich beeilen, Jimin machte sich bestimmt schon Sorgen und da mein Handy ebenfalls in der Manteltasche war, konnte ich ihm nicht mal schreiben.
Den Weg zu Hütte 27 fanden meine Beine fast von allein, sie war in den letzten Jahren immer Jimins und meine Hütte gewesen. Irgendwie komisch, dass jetzt ausgerechnet Jungkook und Yoongi dort wohnten.
Auf den letzten Metern zur Veranda stieg meine Anspannung. Ich hatte mich zwar am Anfang sehr gut mit Jungkook verstanden, aber in letzter Zeit war er mit Yoongi und seinen neuen Aufgaben als Klassensprecher so beschäftigt, dass wir uns kaum noch gesehen hatten. Und zu meiner Verärgerung, störte mich das...
Ebenso wie es mich störte, wie sehr mich seine Anwesenheit in Spannung versetzte, wenn ich ihn sah... selbst, wenn es nur beiläufig im Klassenzimmer war. Ich wollte seine Aufmerksamkeit erregen, ich wollte sogar bei ihm ‚landen'.
... Im echten Leben war stets ich derjenige, bei dem ‚gelandet' wurde. Ich war derjenige, der begehrt wurde... dass es jetzt andersrum war, verletze schlicht mein Ego.
Ich zwang diese merkwürdigen Gedanken schnell beiseite und erklomm die letzten Stufen zur Haustür. Jungkook wartete zum Glück im Wohnzimmer bereits auf mich und öffnete die große Glastür.
„Hallo Tae" begrüßte er mich freudestrahlend und deutete mir mit einer Handbewegung einzutreten.
Schüchtern lief ich an ihm vorbei und blieb ein wenig ungelenk irgendwo zwischen Haustür und Couch stehen „Hey also... danke, dass du meinen Mantel gerettet hast" sagte ich.
Er schlenderte an mir vorbei zur Kücheninsel und pflückte das große, braune Kleidungsstück dort von einem der Hocker. Das gab mir einen Moment Zeit zu bestaunen, wie perfekt ihm sein schwarzes Oversize T-Shirt über die Schultern fiel.
„Kein Problem" sagte er lächelnd und reichte mir den Mantel.
Als ich danach griff, zog er seinen Arm plötzlich schnell zurück und kam noch ein Stück näher an mich heran... Ein Stück näher, als gesellschaftlich als ‚normal' gelten würde.
Ich war zwar überrumpelt, aber noch lange nicht genug, um mich von ihm verunsichern zu lassen. Gelangweilt starrte ich ihn an und zog fragend eine Augenbraue nach oben.
„Gehst du mir aus dem Weg?" fragte er plötzlich geradeheraus und seine großen Augen sahen zur Abwechslung mal nicht begeistert aus.
„Hä? Natürlich nicht..." sagte ich und griff schnell nach meinem Mantel, den er mir zum Glück widerstandslos überließ.
„Nagut, ich wollte nur sicher gehen... Geht's Jimin und Jin gut?"
Ich blickte Jungkook müde an... auf Smalltalk hatte ich zu solch später Stunde wirklich keine Lust: „Den Beiden geht's prächtig, ich gehe jetzt ins Bettchen..." sagte ich kurz angebunden und lief schnurstracks zur Tür.
Als ich gerade meine Hand auf die Türklinke legte, fragte er plötzlich: „Macht das wirklich gar nichts mit dir?"
Ich verstand seine Frage nicht und drehte mich zu ihm um „Was laberst du?" die Worte hatten gerade meinen Mund verlassen, da stand er auch schon wieder ganz nah vor mir. Dieses Mal so nah, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten.
Jetzt doch überfordert von der Situation verharrte ich an Ort und Stelle und starrte ihn ausdruckslos an.
„Macht dir Nähe zu mir wirklich gar nichts aus?" fragte er und obwohl er dabei lächelte, wirkte sein Tonfall irgendwie provokant.
Ich blinzelte zweimal verwirrt und versuchte schnell zu verstehen, was das hier sollte... Machte unser Klassensprecher mich gerade etwa an? Oder versuchte er nur, mich zu verarschen? Ich tendierte zu Letzterem, er hatte bisher nie gesteigertes Interesse an mir gezeigt... höchstens an meiner Mode.
Genervt rollte ich mit den Augen: „Ich bin jetzt wirklich zu müde für deinen Kindergarten Kleiner, Gute Nacht." Schnell schob ich ihn an den Schultern ein Stück von mir weg, öffnete die Tür und ließ ihn stehen.
Auf meinem Weg zu Hütte 77, musste ich erst ein paar Mal tief durchatmen... Jungkook im Flirtmodus war wirklich eine Naturgewalt.

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Enhanced ~ Yoonmin
FantasyMit 10 Jahren wurde ich unter vielen Bewerbern ausgew?hlt und erhielt eine Operation, die mich zum Stolz meiner ganzen Familie machte. Woher h?tte ich damals wissen sollen, dass meine besondere Gabe meine ganze Identit?t werden würde? Sie war mein e...