JUST RUN (tmr, minho)

Chapter 2

___a weird boy___

- 5 Years later -

Die grünen Augen des Mädchens waren halb geschlossen auf das Blatt vor sich gerichtet. Ihren Kopf hatte sie in ihre Hände gestützt und ihre braunen Haare fielen vor ihr Gesicht. Innerlich schlief sie schon, aber sie versuchte immerhin den Schein aufrecht zu halten.

"Rosalind?", riss sie die Stimme ihrer Lehrerin aus dem Halbschlaf, woraufhin sie sich schnell aufrichtete. Verzweifelt versuchte sie die Müdigkeit aus ihren Augen zu verbannen, aber die Ringe unter ihnen und der abwesende Ausdruck in ihnen verrieten sie.

"Du solltest den Text lesen und nicht darüber einschlafen.", wies sie die alte Frau streng zurecht.

"Ich habe ihn gelesen, er war nur langweilig.", entgegnete das neunjährige Mädchen trotzig und lehnte sich nach hinten gegen die Lehne ihres Holzstuhls. Die Falten auf der Stirn ihrer Lehrerin erinnerten sie an Wellen auf einem Ozean, den sie natürlich noch nie gesehen hatte. Sie kannte nur Bilder von dem riesigen, unendlichen Blau, das sie immer wieder faszinierte.

"Nun. Wenn der Text langweilig war nehme ich an, dass du ihn verstanden hast?"

"Ja."

"Nun. Was ist der Brand?", fragte die ältere Frau und zog Rosalind gleichzeitig das Blatt unter der Nase weg. Kurz rollte das junge Mädchen mit ihren Augen, bevor sie kurz Luft holte.

"Der Brand ist ein Virus, das durch die Sonneneruption vor 6 Jahren entstanden ist. Er infiziert die Menschen in einem Teil ihres Gehirns, den WCKD die Todeszone nennt. Die Forscher versuchen seit dem Ausbruch ein Heilmittel zu finden, aber bisher haben sie es nicht geschafft."

Rosalind erkannte mit innerer Genugtuung, dass ihre Antwort nicht das war, was die ältere Frau von ihr hören wollte. Sie wusste, über was sie sprach. Sie kannte den Brand, sie kannte seine Gefahren. Sie verstand einfach nur nicht, warum sie immer und immer wieder darüber lesen musste. Den anderen Unterricht, den sie mit Doktor Barnes hatte, konnte sie deutlich mehr genießen.

So etwas wie Mathe oder Physik machte ihr Spaß, es forderte sie jedes Mal aufs neue heraus. Ganz anders dazu war der Geschichtsunterricht oder die Studie über den Brand, die sie jede Woche aufs neue lesen musste. Es machte ihr keinen Spaß und sie hatte sich vor einigen Monaten versprochen, dass sie der älteren Frau nichts mehr vorspielen wollte.

Sie sollte wissen, dass Rosalind ihren Unterricht ermüdend fand.

"Gut, die Stunde ist um. Dein Tag ist vorbei, genieß die freie Zeit.", seufzte die Frau, griff nach ihrer Tasche und verließ ihren Raum. Schweigend sah ihr das grünäugige Mädchen hinterher. Es war mehr als nur selten, dass sie ihren Raum verlassen konnte.

Ihre Lehrer kamen zu ihr, ihr Essen wurde ihr gebracht. Sie sah die Außenseite ihres Zimmers nur, wenn sie zu den wöchentlichen Untersuchungen in das Labor geschickt wurde. Diese Tage waren gleichzeitig ihre liebsten und schlimmsten. Das Mädchen hatte nichts dagegen, in einem Labor zu stehen oder gar ihr Zimmer zu verlassen, aber jedes Mal, wenn ihr in den weißen, sterilen Räumen Blut abgenommen wurde, wurde sie beobachtet.

Es war niemand neben ihr und Doktor Barnes in dem Labor, aber sie wusste, dass sie beobachtet wurde. Manchmal glaubte sie, dass sie paranoid war, aber diese Gedanken vergaß sie meistens schnell wieder.

Als die Tür schließlich vollkommen geschlossen war, erhob sich das Mädchen und ging die wenigen Schritte zu ihrem ordentlichen Bett hinüber, nur um sich darauf fallen zu lassen. Ihr Leben war wie die Farbe weiß. Langweilig und immer gleich. Das Einzige, was sie von ihrer täglichen Langeweile ablenken konnte, waren Comics.