抖阴社区

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Zeke rannte, als hätte ihm jemand die Seele angezündet. Jeder Schritt durch den staubigen, zerklüfteten Asphalt der verlassenen Straßen klang wie ein Fluch auf sich selbst. Seine Stiefel schlugen hart auf, seine Lungen brannten, sein Herz schlug in einem Takt, der nur ein einziges Wort kannte: Isa.

Sie war weg. Mit einem verdammten Fahrrad.
Und er hatte es kommen sehen. Irgendwo tief in sich drin hatte er es gewusst – aber verdrängt, wie so vieles andere.

Als er die Fabrik erreichte, trat er mit voller Wucht gegen das alte Metalltor. Es klapperte, als wolle es auseinanderfallen, während er hindurchstürmte.

„MAURICE!“ brüllte er durch die Halle, sein Blick irrte hektisch umher. „Socke! Ihr elenden Nichtsnutze!“

Maurice lugte vorsichtig hinter einer Werkzeugkiste hervor, die Pfoten an einen Kekskrümel geklammert. Socke ließ sich auf einem Balken über ihm nieder und sah mit schiefem Kopf hinab, während die Kakerlaken in perfekter Formation auf einer der Kisten hockten – ihre Fühler leicht zuckend.

„Sie ist WEG! Sie ist einfach weggeradelt, wie… wie ein scheiß Teenager aus einem schlechten Coming-of-Age-Film!“ Zeke fuchtelte mit den Armen. „Wieso habt ihr mir nicht gesagt, dass es da draußen funktionierende Fahrräder gibt? HÄ?!“

Socke krächzte nur.
Maurice zuckte mit den Schultern, als wolle er sagen: Ich bin eine Maus. Was erwartest du?
„Oh ihr seid mir so ’ne Hilfe! Ganz toll! Erst versagt ihr als Aufpasser, dann als Orakel und jetzt nicht mal als emotionale Stütze!“

Er marschierte quer durch die Halle und schob ein paar Blechplatten beiseite. Unter ihnen stand sein Motorrad – der schwarze, kantige Schatten seiner alten Freiheit.
Zeke kniete sich davor, öffnete die Werkzeugtasche, kontrollierte die Reifen. „Wir holen sie zurück. Alle zusammen. Ich geb sie nicht auf. Nicht jetzt.“

Dann bellte er plötzlich:
„Maurice! Auf meine Schulter. Du kriegst ’ne Waffe!“

Die kleine Maus sprang geübt an seinem Hosenbein hoch und ließ sich auf seiner Schulter nieder. Zeke zog ein winziges Messer aus einer Schachtel, das er für sie geschmiedet hatte – „nur für den Notfall“, hatte er einmal gesagt. Jetzt drückte er es ihr in die winzigen Pfoten.

„Du bist ab sofort mein Co-Pilot, klar? Kein Mucks, kein Rumgezappel.“
Maurice nickte. Zeke nickte zurück, mit einem Hauch Stolz in den Augen.

Dann wandte er sich den Kakerlaken zu.
„Ihr bleibt hier. Keiner kommt in den Raum mit den Artefakten, klar? Wenn jemand versucht, den Raum zu betreten, macht ihn fertig. Mit Säure oder was auch immer. Findet was. Seid kreativ.“

Er lief zu der dicken Stahltür des Raumes mit den fünf Gegenständen. Kurz hielt er inne. Seine Fingerspitzen streiften die raue Oberfläche. Dann hob er beide Hände, sprach flüsternd Worte, die Isa nie hätte hören dürfen.
Die Tür glühte kurz in einem gelb Blau, dann schloss sie sich mit einem leisen Surren. Eine versiegelte Tür, geschützt mit alter Magie – eine, die ihn selbst Kraft kostete, aber jetzt keine Diskussion zuließ.

„Du bleibst sicher“, murmelte er zu dem Raum. „Bis ich zurück bin.“

Zeke wandte sich ab, schnappte sich seine Waffen – ein Messer, ein Gewehr mit handgefertigten Patronen, zwei Wurfklingen. Er befestigte alles an seinem Körper, als wäre es eine zweite Haut.

„Socke!“ rief er, und der Rabe flatterte hinunter auf seinen Arm.
„Such sie.“
Der Vogel krächzte einverstanden, stieg sofort auf, seine Flügel schlugen heftig durch die staubige Luft.

Zeke schwang sich auf das Motorrad. Maurice klammerte sich an seinem Kragen fest, während die Kette des Motors ein heiseres Knurren ausstieß.
Mit einem letzten Blick zurück – auf die Kakerlaken, den Raum, seine Welt – drehte Zeke den Gashebel durch.

„Sie wollte rennen“, murmelte er leise. „Jetzt renne ich ihr hinterher.“

Dann schoss das Motorrad aus der Halle, die Reifen zogen einen schwarzen Streifen durch den Staub, und Zeke war nichts mehr als ein Schatten auf der Jagd.

Ein Jäger, dessen Beute sein Herz war.
Und verdammt, er würde sie finden.

Die Sonne hing tief über dem Horizont, schwach und matt wie durch einen Schleier aus Staub und Trauer. Isa trat gleichmäßig in die Pedale, ihre Beine schwer, ihre Gedanken noch schwerer. Die Straße unter ihr war kaum noch als solche zu erkennen – brüchiger Asphalt, überwuchert von Wurzeln und Moos, von Ästen bedeckt, die sich wie Finger nach ihr ausstreckten.

Der Wald hatte die Straße zurückerobert, und Isa konnte nicht sagen, ob sie das beruhigend oder beunruhigend fand. Vielleicht beides. Vielleicht war sie einfach nur müde.
Ihr Rücken schmerzte, ihre Hände brannten von der Anspannung.

Isa atmete flach.
Sie hatte Zeke hinter sich gelassen. Fürs Erste. Aber sie wusste, dass das nicht ewig so bleiben würde. Nicht bei ihm. Nicht bei jemandem, der so viel Wahnsinn und Kontrolle unter seiner Haut trug wie andere das Blut.

Er hatte sie wirklich bedroht.
Mit dem Messer. Direkt an ihrer Seite. Die Kälte in seinem Blick hatte ihr mehr Angst gemacht als die Waffe selbst.

Er hatte ihre Worte durchschaut. Ihre Absicht.
Und plötzlich war da keine Spur mehr von dem charmanten Verrückten gewesen.

Sie hatte versucht, ihn zu verführen.
Nicht aus Liebe, nicht aus Lust, sondern aus Notwendigkeit. Und Zeke hatte das gewusst.
Und sie hatte gesehen, was passiert, wenn man ihn für dumm hält.
Wenn man seine Nähe nicht erwidert – sondern benutzt.

Isa schüttelte den Kopf, als wolle sie die Erinnerung abschütteln. Dann sah sie sich um. Der Wald wurde dichter. Die Straße war bald nur noch ein schmaler, verwitterter Pfad.

Sie trat langsamer.
Sie musste Kraft sparen. Für den Moment, in dem sie die Straße verlassen und sich durch das Dickicht schlagen würde. Wenn sie nicht wollte, dass Zeke sie einholte, durfte sie keine offensichtlichen Spuren hinterlassen.

Denn er würde sie suchen.
Sie jagen.
Er hatte es in den Augen gehabt – dieses Funkeln, das nichts mit Wut, aber alles mit Besitz zu tun hatte.

Und sie fürchtete ihn. Mehr denn je.
Nicht wegen der Gewalt, die er ihr zufügen konnte. Sondern wegen der Nähe, die er in ihr erzeugt hatte.
Sie war ihm zu nah gekommen. Viel zu nah.
Und jetzt hatte sie versucht, ihn zu verraten.

Sie schluckte hart.
Ein Teil von ihr verstand ihn sogar. Sie hatte ihn benutzt. Sie hatte ihn angelogen.
Aber was hätte sie denn tun sollen?
Hierbleiben? In einer Welt, die aussah wie nach der Apokalypse, mit einem Mann, der mit Tieren redete, Geister jagte und Magie wirkte?
Mit jemandem, der glaubte, sie würde irgendwann von selbst bleiben wollen?

Nein.
Das hier war nicht ihr Zuhause.
Sie war nicht Teil dieser kaputten Welt.

Und doch…
Sie hatte wissen wollen, warum sie überhaupt hier war.
Was passiert war. Was Zeke wusste.
Warum er so verzweifelt schwieg, wenn sie ihn danach fragte.
Warum ihn dieser Ort trotz allem nicht losließ.

Sie trat noch einmal kräftig in die Pedale und bog dann abrupt von der Straße ab. Ein schmaler Trampelpfad führte tiefer in den Wald, halb verborgen von Farnen und schiefen Bäumen.

Hier würde sie sich verstecken.
Abseits der Wege, wo kein Motorrad hinkam.

Sie stieg ab, hob das Fahrrad über ein paar dicke Wurzeln und begann, es durch die Büsche zu ziehen. Der Boden war feucht, der Wald still. Kein Wind. Nur das Knacken der Äste unter ihren Füßen und das Flattern eines Vogels in der Ferne.

Sie war allein.
Und wenn sie ehrlich war – das war sie seit ihrer Ankunft hier immer gewesen.

„Ich wollte doch nur wissen, was los ist,“ murmelte sie leise.
„Nur wissen, warum ich hier bin. Warum alles so kaputt ist. Warum... ich mich an nichts erinnern kann, außer an das Gefühl, dass ich hier falsch bin.“

Ein Zweig riss an ihrer Hose. Irgendwo tropfte es.
Isa atmete schwer und sah über ihre Schulter zurück.
Der Weg war kaum noch zu erkennen.

Gut.
Das bedeutete, Zeke würde ihn auch nicht finden.

Hoffentlich.

No Way Out | Eine Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt